Münchner Friedhofsportal

Waldfriedhof - Alter Teil

         

Name Waldfriedhof - Alter Teil
Plz/Ort 81377 München
Straße Fürstenrieder Straße 288
Ruhefrist 10 Jahre
Plätze 64500
Fläche 161.32 ha
Waldfriedhof - Alter Teil

Der Waldfriedhof. Als Hans Grässel die Mitte der Vierzig überschritten, hatte er in München fünfunddreißig städtische Bauten errichtet mit einer Gesamtkostensumme von rund fünfzehneinhalb Millionen Mark. Mit den Erfahrungen dieser Jahre und dieser Bauten beginnt nun Hans Grässel 1905 den Waldfriedhof. Er erfühlt dabei ein neues Werk, formt einen Friedhofsorganismus, der eine Lösung echt deutscher Art für eine lange fraglich gebliebene Kulturaufgabe bildet, und schafft durch herr liche Vereinigung von Naturkraft und Menschenwerk den weltberühmt gewordenen Münchener Waldfriedhof, den wahren deutschen Garten des Todes, den Ort der Träume in versunkenes Leben. Die Stätte des Friedens nach verrauschter Welt! • • Die Natur gab sich dem Menschen in vielerlei Gestalt. Sie sprach zu ihm aus Ebenen mit Wüsten und schenkte sich ihm in Paradiesgärten. Zu ihrem Preis ließ sie ihn in göttlicher Kraft Pyramidenberge und Tempelträume erschaffen. Bekleidete sich mit Gewändern von Zypressen hainen, Lorbeerpflanzungen und Ölbaumgärten zu Schmuck und Nutzung; warf sich zu Berg gewalten empor und faltete sich zu Talniederungen; strömte in Wasserfluten und Meereswogen und Ätherfemen und Sternenwelten durchs All. Offenbart ihre Gottheit den Gläubigen und er schüttert tobend die Ungläubigen durch ihre Gewalten. Und träumt ihre Geheimnisse in den deutschen Wald, der unsere Herzen durchrauscht und die Lieder deutscher Sehnsucht erblühen läßt. Die Natur erschuf sich Sinnbilder, Gottesgeister und Menschenarmseligkeiten, formte Strahlen symbole und tötete grausam Kraft. Uns Menschen aber schenkte sie mehr als allen ihren Ge schöpfen und das Höchste: den Geist, der uns das Bewußtsein unserer Menschlichkeit geben kann, uns selbständig Wege durch die Welt der Geschehnisse finden läßt, ihre Gesetzmäßigkeiten er fassen und die Naturgewalten begreifen lehrt. Bewußt oder unbewußt: alle fühlen wir die Pole des Daseins, Leben und Tod, zwischen denen wir treiben auf der Strömung von Anfang zu Ende, vom Werden zum Vergehen. Aber wie wenige können steuern auf den Fluten des Lebens, sie 210hissen Segel zur mutigen Beschleunigung und lassen Wimpel flattern zur Freude! Und es sind ihrer nicht viele, die aufrecht stehen in der Zeit, nach Ankerplätzen schauen, und wissen, woher sie kommen, wohin sie fahren; die das Heute kennen, weil sie das Gestern bewußt erlebt haben, und darum das Morgen erdenken können. Und diese wenigen nur erfassen die Geschehnisse und erleben das Dasein. Erbauen Denkmale auf den Inseln in den Fluten der Zeit, erschaffen Ge träumtes und bilden Ersehntes. Es ist das Wunder der Natur, daß sie es immer dann schaffen können, wenn es gebraucht wird. Alle Entwicklungen sind gereift, wenn ihre Zeit gekommen ist. Dann erwächst jede Pflanze aus Samen, jede Frucht aus Blühen. Und alle Gedanken und alle Wirklichkeiten erstehen aus Träumen. Als unser Leben in den deutschen Landen anfing, einen kulturellen Ausdruck zu zeigen, kam der Krieg und eine Vernichtung tausendfältigen Lebens. Der Tod wurde aktiv. Aus Natur gesetz heraus, als Folgeerscheinung des Auftriebs der Völker und aus Bestimmung . . . Jahre früher, als wir noch das Leben bejahten, wurde sich einer der Erbärmlichkeiten der Totenstatten bewußt. Er schuf darum eine Kultur der Friedhöfe. Heute und nach diesem Krieg besonders danken wir diese Tat, denn sie weist uns nach vorwärts, und wir wissen, daß auch nach Tod und Krieg wieder Leben und Kultur kommen wird. Dann haben wir neues Be wußtsein und neue Wege vor uns für Möglichkeiten und Betätigungen, die immer wieder Anfang und Ende haben. So denken wir heute schon an Heldenfriedhöfe und Gedenkzeichen, die wir nach dem Kriege errichten wollen; für echte Heldengrabstätten und Zukunftsfriedhöfe aber haben wir ebenfalls ein großes Vorbild in Grassels wunderbarem Münchener Waldfriedhof. • »♦ Im Süden und Südwesten der Stadt München erstrecken sich auf der Bayrischen Hoch ebene mächtige Tannenforste gegen die Berge. Die Stadtgemeinde erwarb im Jahre 1904, etwa sechs Kilometer vom Marienplatz, der Stadtmitte aus gerechnet, in südlicher Richtung gegen Fürstenried einen dieser Hochwaldforste mit gemischtem Bestand im Ausmaß von fünfundfünfzig Hektar um den Betrag von 1 266 500 M. und übergab ihn dem Erbauer der vorher geschaffenen drei neuen Münchener Friedhöfe zur Anlage eines Waldfriedhofes. 1905—1907 wurden elf Hektar dieses Geländes für Friedhofszwecke fertiggestellt und im September 1907 zusammen mit den darin errichteten Friedhofsgebäuden in Verwendung genommen. Heute besitzt der Friedhof infolge seiner außerordentlichen Beliebtheit schon einen Umfang von dreißig Hektar. Durch Hinzukauf wurde das Waldgelände des Friedhofes auf die doppelte ursprüngliche Größe gebracht. Der jähr liche Gräberverkauf hat bereits die Summe von 100 000 M. überschritten. Hans GräsSels Plan des Waldfriedhofes ist das seltene Kunstwerk eines praktisch geschulten und gemütstiefen Geistes. Der Künstler hat sich in dieser Aufgabe als erdenkender Architekt, der aus dem Zweckbedürfnis heraus entwirft und baut, ebenso erwiesen wie als erfühlender Maler, der ein Kunstwerk mit Hilfe und nach dem Vorbild des Naturobjektes erschafft. Schon der Grund plan ist in seinem bildmäßigen Ausdruck ein Komplex von Kurven und ein Organismus von Flächenteilen, eine künstlerische Gliederung von Raumelementen zu einer Raumstimmung, aus deren einfühlender Betrachtung es wie Musik mit Hauptmotiven und Leitsätzen mit kontrapunkt- licher Führung erklingt. Das gesamte Waldgelände hat ungefähr die Form eines mit der Spitze nach Südwesten ge richteten Lanzenkopfes oder, geometrisch gedacht, die Form eines Trapezes, mit einer Länge von etwa looo m für die Mittellinie oder Diagonale und je 600 m für die beiden einschließenden Seiten langen. Die Grundlinie an 'der Fürstenrieder Straße ist die bevorzugteste Seite. Daher ist auch hierher der Haupteingang verlegt, von dem aus die Hauptstraße in westlicher Richtung durch das Friedhofsgelände ihren Ausgang nimmt. Das in den Wald zurückgeschobene Friedhofs gebäude liegt in einer Entfernung von etwa 100 m vom Eingang, seitlich und mit seiner Achse senkrecht zu dieser Straße. Das Waldgelände ist durch ein übersichtliches System 5 m breiter gekurvter Straßen zugänglich, und zwar senden zwei von der Hauptstraße aus im Halbrund 211geführte Straßen, verbunden durch eine Querstraße, nach den verschiedenen Richtungen hin Seitenwege aus. Das Gelände wird so in Gräberfelder und Einzelfriedhöfe unterteilt, die in München als „Sektionen” bezeichnet werden. An der Ecke Würmtal—Fürstenrieder Straße und der Haltestelle der elektrischen Straßen bahn beginnt die Flucht einer wundervoll schlichten, durch Abdeckung mit grauen und grün glasierten Ziegeln den ernsten Farben des Waldbestandes angegliederten Einfriedungsmauer; in ihrem geraden Verlauf schneidet sie an eine entzückende kleine Kapelle an, die zur inneren Ein kehr mahnt; bald darauf öffnet sie sich zu dem breit gelagerten Haupteingang. Vier rustikal abgeteilte Mauerpfeiler tragen auf einem flachen Sockel über dem niederen Sturz der Lattentore zwei liegende Sphinxe von edler Haltung. Zwischen den schmucken Erd- geschoßhäuschen rechts und links hinter den Toren, mit den Wohnungen für Pförtner und Auf seher, führt die 12 m breite Zugangsstraße mit kaum merklicher Krümmung zum Friedhofs gebäude im Walde. Der schlichte viereckige Bau der Aussegnungshalle, traulich wie eine Waldkirche und schön in den Verhältnissen wie eine Naturschöpfung, erhebt sich fast absichtslos auf einer Waldlichtung, umfaßt von hoheitsvollen Tannen. Klarste Gliederung ist ihr eigen: ein Hauptbau, als Kern hoch geführt über den Anbauten für Publikum, Geistlichkeit und Verwaltung und an allen vier Seiten durch je drei ovale Fenster beleuchtet, die wie treue Augen in das Waldesgrün träumen. Das hohe Zeltdach ist wieder grau eingedeckt, mit grünen glasierten Tonplatten gemischt. Gleich den Kurven bei den Ästen der benachbarten Tannen ist die Spitze des Daches aufwärts gezogen und mit einem daraufgesetzten viereckigen Dachreiter als Glockentürmchen abgeschlossen. Durch die Bogenöffnungen einer schlichten Vorhalle an der gegen die Straße gerichteten Südseite betritt man das Innere des Baues. Wenn das Verlassen der Friedhofswege im allgemeinen nicht verboten sein müßte, dann möchte man sich am liebsten an den Rand der Waldlichtung zwischen die Stämme ins Moos legen und durch Bau und Wald hindurch in die Ewigkeit träumen. So stimmungsvoll und so fast bauernmäßig einfach wirkt dieser Friedensbau im Walde. Alle Umständlichkeiten großstädtischen Geistes und Lebens, bescheiden sich, und gerade in diese Aussegnungshalle tritt man, zum Naturmenschen geworden, wie in ein Gotteshaus draußen in den Einsamkeiten des Landes. In bewegter Stimmung empfinden wir die feierliche Erhabenheit des Raumes. Der Rhythmus geometrisch aufgeteilter farbiger Wandflächen, der geistige Gehalt der durch Engels gestalten seltsam bewegten Reliefs wirkt auf uns ein. Darüber leuchtet das gewaltige Wort aus der Heiligen Schrift: „Herr Gott, du bist unsere Zuflucht für und für. Ehe denn die Berge worden und die Erde und die Welt geschaffen wurden, bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Der du die Menschen lassest sterben und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder! Denn tausend Jahre sind vor dir wie ein Tag, der vergangen ist, und wie eine Nachtwache. Herr, lehre uns bedenken, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden.”-----------J Die matte Beleuchtung aus den hochliegenden ovalen Fenstern, durch Stichbogen in das Spiegelgewölbe eingesetzt, das flimmernde Aufleuchten goldener Symbole an Ketten mit Glas kugeln von der Decke herabhängend — das alles sind Stimmungsträger in dem traulich ernsten, gemessen feierlichen und das Beste im Menschenherzen ergreifenden Friedensraum. An der Rückseite der Aussegnungshalle, wie versteckt in Tannen, finden wir die schlichte Leichenhalle und die Nebenräume für den Friedhofsbetrieb. Malerisch einfach und stimmungsvoll ruhen diese Friedhofsgebäude unter den Tannen und leben ganz in ihrem ernsten Kreis. Die Friedhofsanlage selbst aber

Geschichte

  • Beginn der Bauarbeiten am Waldfriedhof durch den Architekten Hans Grässel.

  • Der Alte Teil des Waldfriedhofes mit 35.000 Gräbern wird fertiggestellt

  • Eröffnung des Waldfriedhof

    Mit der Eröffnung des Waldfriedhofs stellt Grässel ein neues Friedhofsmodell vor, das international für die Friedhofsgestaltung wegweisend wird

  • Auf dem Waldfriedhof wird das erste islamische Gräberfeld Deutschlands erstellt.



Literatur